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4 September 2023, Deutschland | Neuigkeiten

HERAUSFORDERNDE ZEIT FÜR PROJEKTENTWICKLER – Interview mit Klaus Franken, CEO Catella Project Management im aktuellen Immobilienbrief

Derzeit vergeht kaum ein Tag ohne Hiobsmeldungen von oder über Projektentwickler. Branchenexperten gehen davon aus, dass ein spürbarer Anteil von 40 bis 50% der Entwickler die aktuelle Krise nicht überstehen wird. Grund genug für „Der Immobilienbrief“ bei der Catella Project Management, dem seit 25 Jahren tätigen Wohn- und Büroimmobilienentwickler aus Düsseldorf, einmal etwas genauer nachzufragen.

„Der Immobilienbrief“: Herr Franken, derzeit häufen sich ja die Pleite-Nachrichten bei den Projektentwicklern. Was ist da los, dass namhafte Unternehmen jetzt reihenweise Insolvenz anmelden müssen?

Klaus Franken: Keine Panik, Herr Rohmert, das ist alles nicht überraschend – das ist einfache Mathematik, die ja auch Sie den Lesern in „Der Immobilienbrief“ regelmäßig vorrechnen. Insolvenzmeldungen sind nie erfreulich, aber die gehören nun Mal zu einem funktionierenden Markt. Wir sprachen ja schon letztes Jahr auf der Expo Real darüber. Insofern liegen wir „im Plan“. Wer in den letzten Jahren teuer eingekauft und ein großes Team aufgebaut hat, kann kaum „die Kurve bekommen“. Das lässt sich leicht nachrechnen.  Die Zinswende hat alle „auf Kante genähten“ Kalkulationen platzen lassen und Geschäftsmodelle, die auf 1% Zinsen aufgebaut waren, zerrissen. Die Wertkorrektur ist unabdingbar und man sollte aufhören zu lamentieren.

„Der Immobilienbrief“: Ist das sozusagen „naturgegeben“ und trifft alle in der Branche?

Klaus Franken: Vieles ist „hausgemacht“. Nach dem Konsum der Droge „Null-Zins“ kommt nun der Entzug. Gleichzeitig kommen viele weitere äußere Effekte hinzu, die so nicht planbar waren. Das betrifft die durch den Ukraine-Krieg forcierte Beschleunigung der Inflation mit der Folge der Zinswende ebenso wie die Baukosten- oder Energiepreis-Explosion, die im Vorfeld des Krieges für niemanden zu kalkulieren waren. Aber das entbindet nicht von der Verantwortung für eigenes Handeln. Wer besonders viel von der Droge „Null-Zins“ genossen hat und sein Geschäftsmodell davon abhängig gemacht hat, leidet am stärksten unter dem Entzug. Hoher Leverage, Mezzanine on top und dann noch Geld über Anleihen besorgt – dies ist der toxische Cocktail mit direktem Weg zum Amtsgericht. Wenn dann noch fest verplante und auch kontrahierte Projekt-Verkäufe im aktuellen Marktumfeld wegen Käuferpleiten oder sonstigen teils vorgeschobenen Termin- oder Qualitätsgründen scheitern, gibt es kaum einen Ausweg. Wer zudem überwiegend nur auf Eigentumswohnungen gesetzt hat, fällt in ein besonders tiefes Loch. Auch dies ist Mathematik – bei höheren Zinsen fällt der Großteil der Kundschaft aus. Niemand hat die Entwicklungen der letzten 18 Monate voraussehen können, aber vorsichtiges kaufmännisches Handeln muss Verwerfungen des Marktes mit einkalkulieren.

„Der Immobilienbrief“: Wie gehen Sie denn selber mit den Marktverwerfungen um?

Klaus Franken: Neue Realität annehmen und auf Bewährtes bauen, ist seit langem unsere Leitlinie, die auch der konservativen Herkunft der Catella-Gruppe aus Schweden geschuldet war. Wir sind bodenständig geblieben. Das ist auch nicht unsere erste Krise. Das ändert aber nichts daran, dass wir das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Entwicklungen auch nicht einkalkuliert hatten. Das konnte keiner, der am Markt bestehen wollte. Wir haben aber viele vermeintliche Gelegenheiten auf hohem Preisniveau der vergangenen letzten drei Jahre nicht mitgemacht und sind im Ankauf sehr ruhig geblieben. Wir haben trotzdem unsere Projekte hart auf die veränderten Rahmenbedingungen anpassen müssen. Das war definitiv nicht vergnügungssteuerpflichtig. Die Notwendigkeit, mehr Eigenkapital einzubringen, hätten wir uns auch nicht gewünscht. Aber das haben wir gemacht. Auf Mezzanine und Projektfinanzierungen über Anleihen hatten wir sowieso verzichtet und ganz klassisch mit Banken und Eigenkapital agiert.

Klingt alles total langweilig, ist aber nachhaltig. Die Kalkulationen sehen jetzt anders aus, aber eigentlich auch nicht – vor der „Null-Zins-Phase“ waren die Grundstücke nur halb so teuer, bei ETW-Projekten hat man mit 30 statt gleich mit 300 Einheiten je Bauabschnitt geplant und Faktoren hatten vorher noch nie eine „3“ vorne. Und wir hatten außerdem Glück. Wir sitzen nicht auf überteuerten Grundstücken. Mit unseren konservativen Vorgaben, auch wenn wir selbst meinten, sportlich über unseren Schatten zu springen, haben wir in den letzten Jahren bei den Bieterverfahren immer den Kürzeren gezogen. Mit „Null-Zins“ und der Annahme ewiger Wertsteigerung haben sich viele Projekte schöngerechnet. Jetzt geht es „back to the roots“: Grundstückspreise halbieren sich. ETWs werden wieder handverlesen gebaut. Investoren dürfen wieder nach Rendite verlangen.

„Der Immobilienbrief“: Ist denn alles so düster, wie es derzeit den Eindruck hat?

Klaus Franken: Im Gegenteil, jetzt kommt wieder die Zeit der Chancen. Zwar werden manche Entwickler Ihren Optimismus der Vergangenheit und die Komplexität ihrer Finanzierungsstrukturen nicht mehr korrigieren können, aber daraus resultieren gerade jetzt Chancen. Es gibt einfach solide Gewissheiten am Markt. Aber immer in der Krise kommt sie wieder, die „German Angst“. Dann konzentrieren sich Medien, Banken und Eigenkapitalgeber auf die falschen Themen.

Die Realität sieht doch ganz anders aus. Vollbeschäftigung sichert Kaufkraft, d.h. die Mieten kommen verlässlich ins Haus. Was brauche ich mehr für ein gutes Immobilien-Investment? Ok, die Bewertungen und Exit-Möglichkeiten sind derzeit unerfreulich, aber das trifft nur jene, die auf schnelles „Drehen“ ausgerichtet sind. Auf lange Sicht zählt die unabdingbare Nachfrage der Mieterschaft. Leider hat sich die Branche zuletzt lieber mit Bewertungen und Finanzkonstruktionen beschäftigt als mit jenen, die Monat für Monat die ganze Immobilienbranche über Mietzahlungen in Gang hält. Liefern wir den Mietern, was diese brauchen und unser Geschäft ist gesichert.

„Der Immobilienbrief“: Worauf legen Sie derzeit den Fokus?

Klaus Franken: Kurz zusammengefasst: Wohnen, das neue Büro und Infrastruktur. Wohnen, speziell im Neubau und in Klimaschutzquartieren, findet reißenden Absatz und stabile Mietperspektiven. Der Bedarf ist unglaublich und das Angebot ist im Sinkflug – auch hier ist es reine Mathematik, um eine solide Investition auf die Beine zu stellen. Der Strukturwandel im Arbeitsleben ist gravierend. Selbst Büroneubauten der letzten 5-10 Jahre gehen oft am Bedarf vorbei. Heute zählt nur die Top-Location, das flexible Büro mit viel Angebot zu Kommunikation und Zusatznutzen. Es geht nicht mehr um eine Anzahl von Schreibtischen. Das Arbeitsleben muss als Event zelebriert werden. Dafür sind Nutzer bereit, stolze Preise zu zahlen. Das schafft neue Parallelwelten, die nicht unseren Erfahrungen entsprechen. Auf der einen Seite wachsen sowohl der Leerstand von „aus der Zeit gefallenen“ Immobilien. Auf der anderen Seite steigen die Spitzenmieten. Das ist heute kein mathematischer Widerspruch mehr, sondern eine Funktion des veränderten Arbeitslebens. Zur Infrastruktur: Die Defizite in Deutschland sind leider allzu bekannt; also auch hier ist ein unabdingbarer Bedarf, den der Staat allein nicht decken kann.

„Der Immobilienbrief“: Wie steht Catella denn aktuell da, was haben Sie vor?

Klaus Franken: Profit und Kapitalstärke bieten guten Ausblick. Die Unternehmenszahlen sind sehr transparent. Q2 dieses Jahr hat einen Gewinn von 8 Mio. Euro gebracht. Weniger als erhofft, aber Profit in diesen Tagen ist keine Selbstverständlichkeit. Also scheinen wir nicht alles falsch gemacht zu haben. Die kommenden Monate werden vielfältige Chancen bieten, die man mit entsprechender Kapitalstärke nutzen kann. Neue Projekte und Investitionen lassen sich gut rechnen, wenn man die aktuellen Rahmenbedingen einpreist. Über Grundstückspreise und Gewissheiten um unabdingbaren Bedarf haben wir bereits gesprochen. Viele mögen sich noch nicht an das neue Preisgefüge gewöhnen, aber es kommt sicher, wie in Deutschland üblich, früher oder später.

„Der Immobilienbrief“: Herr Franken, besten Dank für Ihre Zeit und Ihre Einschätzungen und Ausführungen.

 

Das Interview ist hier online verfügbar: HERAUSFORDERNDE ZEIT FÜR PROJEKTENTWICKLER – Interview mit Klaus Franken, CEO Catella Project Management (rohmert-medien.de)